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Der qualifizierte Sachverständige und die Erstellung von Gutachten

Wie wir wissen gehören zu o.a. Spezies:

  • der öffentlich bestellte Sachverständige
  • der zertifizierte Sachverständige
  • der freie Sachverständige im anerkannten Fachverband

Alle qualifizierten Sachverständigen arbeiten

  • auf privater Ebene – als so genannte Parteigutachter –
  • auf der Gerichtsebene – als so genannte Gerichtsgutachter –

In Gerichtsurteilen, wie in Kommentaren der Richterschaft wird die „stillschweigende Erwartung des Normalverbrauchers“ herausgestellt und betont, dass sie in jedem Fall weitestgehend zu berücksichtigen ist.                                                                                            

Die stillschweigende Erwartung des Normalverbrauchers geht angeblich davon aus, dass sich der Sachverständige so verhält, wie ein bei Gericht arbeitender Sachverständiger.

Alle qualifizierten Sachverständigen können für das Gericht arbeiten, somit haben sich alle Sachverständige so zu verhalten wie sie es bei der Arbeit bei Gericht täten!

In der Diskussion um die „strategische Partnerschaft“- einer Partnerschaft zwischen Sachverständigen und Rechtsanwälten im Auftrage eines Privatmannes – wird die so genannte, identische Papierform eines Gutachtens, welches den Ansprüchen   des Gerichts genügt, besonders herausgestellt.                                                                                            

Weiter ist zu beachten, dass gut ca. drei -Viertel aller vorprozessual beauftragten, privaten Gutachten irgendwie auf dem Schreibtisch des Richters landen.

Warum machen wir dann eigentlich noch Unterschiede zwischen Gerichts- und Privatgutachten?

Im Gerichtsgutachten haben wir uns den Regeln der so genannten Muster – Sachverständigenordnung und Vorschriften der ZPO anzupassen.

Ein Dauerbrenner der Diskussion ist hier die so genannte „Höchstpersönlichkeit“, d.h. der Sachverständige hat alle wesentlichen Bestandteile seines Gutachtens nach der Muster-Sachverständigenordnung in eigener Person zu erbringen.

Dies wird von vielen Richtern und Menschen, die mit Gutachtern arbeiten, nicht   mehr als zeitgemäß eingestuft.           

Der Sachverständige ist in unserer heutigen Zeit nicht mehr der Einzelkämpfer, sondern hat sich in unterschiedlichster Form mit anderen Sachverständigen zusammengeschlossen oder führt alleine oder mit diesen, eine so genannte „Sachverständigen Firma“ in welcher Mitarbeiter beschäftigt werden.

Dies sind oft sehr qualifizierte Personen, fast schon selbst Sachverständige, die hier dem Sachverständigen zuarbeiten und in dessen alleiniger Verantwortung Teilaufgaben übernehmen.

Zu der genannten Problematik hat das Kammergericht Berlin eine lehrreiche Entscheidung getroffen:

Der Sachverhalt

In dem vorliegenden Fall hat der persönlich beauftragte Sachverständige nach ein-führender Diskussion mit seinem Mitarbeiter (Hilfskraft) Teile des Gutachtens von ihm erarbeiten lassen. Die wesentlichen Teile des Gutachtens hatte der Sachverständige aber in eigener Person mit erarbeitet.

Das Kammergericht billigt dies und ist der Meinung der Sachverständige habe nicht nur die Gesamtverantwortung für das Gutachten übernommen und getragen, sondern Teile des Gutachtens der Hilfskraft, diskutiert und wesentliche Teile selbst erstellt. Der Kern des Gutachtens und die Leistungsbefugnis seien während der gesamten Vorbereitungsarbeiten beim beauftragten Sachverständigen geblieben.

Eine Doppelunterschrift sei nicht zulässig, die Hilfskraft dürfte in der Unterschrift nicht in Erscheinung treten, weil dies eine Mitverantwortung bedeute, die doch der Sachverständige alleine trage. Der Sachverständige habe jedoch die Hilfskraft und den Umfang ihrer Beteiligung zu benennen.

Folgende Leitsätze wurden in Kenntnis der Üblichkeiten hieraus abgeleitet

Für die Gerichtsarbeit siehe IFS Informationen 5/2010

  • Der ins öffentliche Verhältnis gehobene Sachverständige muss die wesentlichen Teile des Gutachtens in eigener Person erarbeiten. Es gilt die höchstpersönliche Gutachtenerstattung.
  • Der Sachverständige darf weder den Gutachtenauftrag insgesamt noch Teile davon einem Sachverständigen einer anderen Fachrichtung übertragen. Hilfskräfte darf er jedoch bei der Vorbereitung eines Gutachtens einsetzen.
  • Die Einschaltung und Mitwirkung von Hilfskräften des Sachverständigen findet jedoch dort ihre Grenzen, wo sich Ermessens- und Beurteilungs-Spielräume auftun und fachliche Wertungen oder Schlussfolgerungen vorzunehmen und wo die Berufserfahrung und das besondere Fachwissen des beauftragten Sachverständigen gefordert sind.
  • Hilfskraft ist eine Person, die- sei sie beim Sachverständigen angestellt oder selbstständiger Unternehmer- auf demselben Sachgebiet tätig ist, wie der beauftragte Sachverständige, dessen fachlicher Weisung und Kontrolle sie unterliegt und dem Sachverständigen entsprechend ihrer Fähigkeit zu arbeiten.
  • Einer Hilfskraft dürfen nur solche Aufgaben übertragen werden, die der Sachverständige aufgrund seiner Sachkunde auch hätte persönlich   erledigen können. Andernfalls kann der Sachverständige für die Richtigkeit der Hilfskraftarbeiten keine Verantwortung übernehmen.
  • Hilfskraft kann sowohl die Sekretärin als auch der beim Sachverständigen angestellte Diplomingenieur sein. Durch den Begriff Hilfskraft wird nicht zum Ausdruck gebracht dass es sich dabei um eine weniger qualifizierte Person als die des beauftragten handeln muss.
  • Mit der Bezeichnung Hilfskraft soll angezeigt werden, dass es sich um einen Mitarbeiter handelt, der dem Sachverständigen hilft, ihn aber nicht ersetzt.

Beschäftigt der Sachverständige bei der Vorbereitung des Gutachtens Hilfskräfte, trägt er für deren Arbeiten persönlich und uneingeschränkt die Verantwortung.

  • Eine Hilfskraft darf das Gutachten, an dem sie mitgearbeitet hat, weder alleine noch zusammen mit dem Sachverständigen unterschreiben, weil dadurch der irrige Eindruck einer Gleichberechtigung oder Mitverantwortung entsteht.
  • Der Umfang der Tätigkeit des Mitarbeiters ist jedoch im Gutachtentext kenntlich zu machen, wenn es sich nicht um Arbeiten von untergeordneter   Art handelt.
  • Eigene Tatsachenfeststellungen von Mitarbeitern, auf welchen das   Gutachten aufgebaut ist (zum Beispiel Laboruntersuchungen, chemische Analysen), müssen mit Namensnennung des Mitarbeiters angegeben   werden.
  • Um haftungsrechtlichen Konsequenzen angemessen begegnen zu können, hat der Sachverständige seine Hilfskräfte bei jedem einzelnen Gutachtenauftrag sorgfältig auszuwählen, anzuleiten, zu überwachen und ihre Feststellungen auf Plausibilität hin zu überprüfen. Bei bewährten Hilfskräften genügen Stichproben.
  • Hilfskräfte können nicht wegen Besorgnis der Befangenheit abgelehnt werden.
  • Hilfskräfte haben keinen eigenen Anspruch auf Entschädigung oder Vergütung gegen das Gericht bzw. den privaten Auftraggeber des Sachverständigen.
  • Dem Sachverständigen werden die notwendigen Kosten für die Arbeiten seiner Hilfskräfte nach JVEG erstattet.

Bei Privataufträgen können die vorgetragenen Vorgaben durch vertragliche Vereinbarungen anders gestaltet werden. Der Sachverständige, der das Gutachten unterschreibt, trägt auch hier die gesamte Verantwortung für die Richtigkeit des Ergebnisses.                                                                                                                                                

Der Sachverständige sollte dafür sorgen, dass seine Berufs- Haftpflichtversicherung sich auch auf solche Schäden erstreckt, die auf einer schuldhaften Pflichtverletzung seiner Hilfskräfte beruhen.

TIPP: Lesen Sie auch unseren Artikel Sachverständiger werden

Bitte noch einmal bedenken

Machen Sie keine nennenswerten Unterschiede bei der privaten oder der gerichtlichen Arbeit. Zu einem hohen Prozentsatz wird auch das private Gutachten zum Richter gelangen.

Ist man beim privaten Gutachten nachlässig wird es also auch der Richter schnell merken und möglicherweise seine Schlüsse daraus ziehen.

Ein angenehmer Nebeneffekt entsteht dadurch, dass Klippen und Fallstricke bei der privaten Arbeit durch die strikte Einhaltung der gerichtlichen Üblichkeiten automatisch entschärft werden.

Die Berufung auf gerichtliche Üblichkeiten hilft oft private Auftraggeber zu disziplinieren d.h. von unsinnigen und unüblichen Forderungen, bezüglich unserer Arbeit, abzubringen.